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11. Überprüfung der Theorie anhand der Experimente von Cole und Hughes, Anwendbarkeit der Theorie bei Blasenansammlung im Unterdruckgebiet

Unter den Experimenten mit durchsichtigen Lagerschalen zeichnen sich die von Cole und Hughes [9] durch klare Bilder und ausreichende Zahlenangaben aus. Die verwendeten Lagerschalen bestanden außerdem aus Glas, so daß die Belastungen denen in realen Lagern annähernd entsprachen, ohne daß dabei zu große Deformationen des Lagers auftraten. Dadurch ist die Nachrechnung dieser Experimente möglich. Es wurden zwei Beispiele ausgewählt.

Bei der Nachrechnung wurde so vorgegangen, daß die Sommerfeldzahl für den entsprechenden Fall aus der Lagerkraft bestimmt wurde. Dann wurde die Exzentrizität und der Verlagerungswinkel so eingerichtet, daß die Sommerfeldzahl und deren Richtung von Rechnung und Experiment annähernd übereinstimmten. Eine Unsicherheit bei der Bestimmung der Sommerfeldzahl bestand darin, daß die Viskosität nicht direkt gegeben war, sondern nur als Viskositäts-Temperatur-Beziehung. Deshalb mußte anhand der experimentellen Bedingungen auf eine Schmiermitteltemperatur geschlossen werden und eine entsprechende Viskosität angenommen werden.

Zwischen Experiment und Rechnung sind vergleichbar die Form und die ungefähre Lage des Unterdruckgebietes, sowie die Form der sich bildenden Flüssigkeitsstreifen anhand des berechneten örtlichen Füllungsgrades F(X,Z).

Zunächst wurde das Beispiel Fig. 9 (Bild 30.1) ausgewählt. Durch den hohen Zufuhrdruck ergibt sich bei diesem Beispiel ein ausgeprägter Druckberganfang vor der Ölzuführungsbohrung. Das gesamte Unterdruckgebiet ist im Bild zu erkennen. Bild 31 zeigt den abgewickelten Schmierspalt mit dem berechneten örtlichen Füllungsgrad F(X,Z) und der Kontur des Unterdruckgebiets.

Die Berechnung erfolgte anhand des Programms ENDLAG1 nach dem Modell 1. Da nach diesem Modell qualitativ kein Unterschied zwischen Druckberg und Unterdruckgebiet gemacht wird und ein fließender Übergang erfolgt, wurde als Grenze des Unterdruckgebiets die Linie F=0,9 verwendet. Der örtliche Füllungsgrad F(X,Z), der als kontinuierliche Funktion des Ortes punktweise berechnet wird, wurde im Bild streifenweise aufgetragen, um damit den optischen Eindruck eines streifenweise aufgerissenen Schmierfilms zu erzeugen, was die Vergleichbarkeit erhöht. Die Anzahl der Streifen ist dabei willkürlich und entspricht hier der Teilung des Gitternetzes der numerischen Lösung. In den Bildern stellen die weißen Flächen die flüssige Phase dar. Die schwarzen bzw. schraffierten stellen die gasförmige Phase dar.

Die linke Seite des Bildes 31 zeigt das Ergebnis der Berechnung, bei der der Umgebungsdruck am Lagerrand mit Pr1=0,9 angesetzt wurde, was dem atmosphärischen Druck von 10 N/cm² entspricht. Die Kontur des Druckbergendes entspricht gut der des realen Lagers. Bei der Kontur des Druckberganfangs gibt es jedoch Unterschiede. Die Kontur des Druckberganfangs des Versuchslagers deutet darauf hin, daß diese hauptsächlich durch den Flüssigkeitsstau infolge des hohen Zufuhrdrucks am Schmierloch bedingt ist. Infolge des Druckgefälles zwischen Lagerrand und Unterdruckgebiet müßte aber entsprechend der berechneten Kontur des Druckberganfangs (Bild 31 links) vom Lagerrand her Schmiermittel angesogen werden. Das bedeutet, daß im Unterdruckgebiet offenbar nicht der berechnete Unterdruck herrscht, sondern dieser durch Gasansammlung wesentlich höher liegt, was durch Druckmessungen anderer Autoren [6], [7] bestätigt wird.

Deshalb wurde bei einer weiteren Berechnung der Randdruck auf Pr1=O,25 und im gleichen Maße der Zufuhrdruck Pr2 im Schmierloch reduziert (Bild 31 rechts). Das stellt eine Anhebung der unteren Grenze des möglichen Drucks dar und entspricht einer Modifizierung des Druck-Volumen-Gesetzes für Modell 1 (Bild 19).

Damit verbessert sich die Übereinstimmung zwischen den Konturen des Druckberganfangs des Versuchslagers und der Berechnung, was die angeführten Überlegungen bestätigt. Die genaue Lage des Druckberganfangs und -endes können wegen der optischen Verzerrung nicht verglichen werden.

Der Vergleich der Form der einzelnen Flüssigkeitsstreifen ergibt auch eine gute Übereinstimmung zwischen Experiment und Rechnung. Ausgehend vom Druckbergende wird der Flüssigkeitsstreifen infolge des sich erweiternden Schmierspalts immer schmaler. Im Versuchslager mündet der Flüssigkeitsstreifen am Druckberganfang in das Gebiet des Druckberges, welches durch eine eindeutige Linie vom Unterdruckgebiet getrennt ist. In der Berechnung erfolgt dieser Übergang nicht so plötzlich. Es ist aber auch die Tendenz zu erkennen. Eine bessere Übereinstimmung ließe sich prinzipiell durch eine kleinere Mischungskonstante C herstellen, was aber wegen der dadurch auftretenden Instabilitäten aus rechentechnischen Gründen nicht möglich war. Auf das Gesamtergebnis hätte das aber kaum Einfluß.

In der Mitte zwischen Druckbergende und -anfang wurden in Fig. 9 (
Bild 30.1) über die Lagerbreite die Flüssigkeitsstreifen ausgemessen, was einen Füllungsgrad von F~0,3 ergab. Die Rechnung ergab F~0,25 ‚ was auch eine gute Übereinstimmung bedeutet.

Als zweites Beispiel wurde Fig. 10 (Bild 30.2) ausgewählt. Hier ist die Schmiermittelzufuhr durch das Schmierloch unterbrochen und eine Ölzufuhr nur von den Lagerrändern her möglich. Bemerkenswert ist dabei, daß unter gleichen Betriebsbedingungen einmal die Ölzufuhr funktioniert und einmal versagt (Fig. 10 a und b, Bild 30.2).

Die linke Seite des Bildes 32 zeigt das Ergebnis der Berechnung, bei der der Umgebungsdruck am Lagerrand mit Pr1=0,55 angesetzt wurde, was dem atmosphärischen Druck von 10 N/cm² entspricht. Die Kontur des Druckberganfangs der Berechnung zeigt gute Übereinstimmung mit der des Prüflagers bei funktionierender Ölzufuhr (Fig. 10a). Nach der Rechnung beginnt aber der Druckaufbau wesentlich zeitiger als im Prüflager. Das bestätigt erneut, daß der Druck im Unterdruckgebiet durch Blasenansammlung erhöht wird.

Deshalb wurde der Randdruck bei einer zweiten Rechnung auf Pr1=0,275 um die Hälfte reduziert (Bild 32 rechts). Damit nähert sich der Beginn des Druckbergs nach der Berechnung dem des Prüflagers. Offenbar war diese Reduktion noch nicht ausreichend, denn der errechnete Druckberganfang liegt immer noch vor dem von Fig. 10a. Die Tendenz ist aber erkennbar: Im Lager Fig. 10a (Bild 30.2) haben sich bereits Blasen gesammelt. Es ist aber noch ein ausreichendes Druckgefälle zwischen Lagerrand und Unterdruckgebiet vorhanden, daß das Lager ausreichend mit Schmiermittel versorgt wird und die Tragfähigkeit nicht beeinträchtigt wird. Im Lager Fig. 10b (Bild 30.2) ist die Blasenansammlung bereits soweit fortgeschritten, daß die Ölversorgung versagt.

Schlußfolgerung: Die Ölversorgung des Lagers vom Rand her ist möglich, selbst wenn sich teilweise Blasen im Unterdruckgebiet angesammelt haben. Entscheidend ist dabei das Druckgefälle zwischen Unterdruckgebiet und Lagerrand. Sie ist aber aufgrund möglicher stärkerer Blasenansammlungen unzuverlässig, was ihre bewußte praktische Anwendung einschränkt.

Die Nachrechnungen der Experimente von Cole und Hughes haben die erweiterte Schmiertheorie bestätigt. Die Berechnungen am Beispiel Fig. 10 haben gezeigt, daß damit Erscheinungen im Unterdruckgebiet darstellbar sind, die für die Versorgung wichtig sind, und mit der bisherigen Schmiertheorie nicht zu erfassen waren. Es hat sich gezeigt, daß trotz der ursprünglichen Annahme einer gleichmäßigen Verteilung der Gasphase im Schmiermittel die modifizierte Anwendung des Modells 1 bei Ansammlung von Blasen im Unterdruckgebiet möglich ist und zu brauchbaren Ergebnissen führt. Das erweitert die Anwendbarkeit des Modells.

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