9.2 Das Modell einer Planwirtschaft
Meine Untersuchungen sind nicht darauf gerichtet eine neue zentrale Planwirtschaft zu entwickeln. Dieses Modell diente ausschließlich Studienzwecken. Es ist aber nun mal entstanden und hat in der Theorie sehr gut zum Optimum konvergiert. Was ist mit diesem Modell in Zukunft noch anzufangen? Lohnt es zu überlegen, ob man darauf aufbauend versuchen sollte, neue sozialistische Produktionsverhältnisse abzuleiten?
Ein generelles Problem würde in der praktischen Anwendung bestehen: Was in einem Demonstrationsmodell mit einigen wenigen willkürlich aber exakt vorgegebenen Parametern gut funktioniert, wird in der Praxis zum unlösbaren Problem. Niemand auch kein noch so leistungsfähiges Planungsinstitut kann Jahr für Jahr oder gar Monat für Monat die optimale Wirtschaftsstruktur bis ins Detail für jede Ware und jeden Produzenten einschließlich der potentiellen Produzenten errechnen. Das beginnt bereits bei der Beschaffung der Daten, geht weiter mit den erforderlichen Rechenkapazitäten und endet bei der Unmöglichkeit der notwendigen Kontrolle, ob auch alle Anweisungen befolgt wurden. Ein weiteres schwerwiegendes Problem ist dabei, dass ein kleiner Kreis von Experten, die auch alle nur Menschen sind, uneigennützig im Interesse aller und ohne sich selbst zu bevorteilen, diese schwierige Aufgabe lösen müsste. In Prinzip hat das bereits die zentrale Planwirtschaft der realsozialistischen Staaten versucht und ist gescheitert. Ich sehe auch in absehbarer Zeit keine Chance, dass das funktionieren könnte.
Trotzdem möchte ich die Ergebnisse dieses Modells nicht mit leichter Hand vom Tisch fegen. Wie sich anhand der Marktwirtschaftsmodelle zeigte, ist zu erwarten, das bei entsprechend großen Störungen jede Marktwirtschaft mal versagen kann. Das können starke Strukturveränderungen aufgrund bedeutender Innovationen sein. Das können aber auch Naturkatastrophen oder militärische Konflikte sein. Es muss sich deshalb jede Gesellschaft die Option auf administrative planmäßige Eingriffe in die Wirtschaft offenhalten und dazu sowohl die wirtschaftsplanerischen Kapazitäten und die wirtschaftspolitischen Instrumente zur Durchsetzung der Maßnahmen bereit halten. Das ausschließliche staatliche Instrument der Steuer- und Subventionspolitik ist dazu sicher nicht ausreichend. In diesem Sinne sind weitergehende Untersuchungen mit planwirtschaftlichen Wirtschaftsmodellen auch zukünftig von Interesse. Ein Unterschied zu einer permanenten Planwirtschaft besteht in diesem Fall darin, dass man im Sonderfall mit administrativen Mittel nur grob die erforderlichen Strukturen erzeugen und aufrechterhalten muss und anschließend die weitere Selbstoptimierung in normalen Verhältnissen wieder marktwirtschaftlichen Organisationsformen überlassen kann.
Ich hoffe zwar, dass in Zukunft nicht Kriege der Grund sein werden zu administrativen Eingriffen in das Wirtschaftssystem. Die Geschwindigkeit der weltweiten Einführung von Innovationen, die starke Vernetzung der Wirtschaftssystem und die zu erwartenden Umweltprobleme geben aber genügend Anlass mit Störungen der Wirtschaftssysteme zu rechnen, die planwirtschaftliche Maßnahmen erforderlich machen.
Die Vereinigung Deutschlands war in jüngster Vergangenheit und ist heute eigentlich immer noch der Präzedenzfall, wo die Bundesrepublik ihr marktwirtschaftliches Instrumentarium hätte bei Seite legen müssen, um mit planwirtschaftlichen Mitteln einzugreifen. Das ist aus ideologischen Gründen, an egoistischen Interessenskonflikten und an der Unfähigkeit der bundesdeutschen Gesellschaft, planwirtschaftliche Instrumente zeitweilig und konsequent einzusetzen, gescheitert. Die Gesellschaft war nicht darauf vorbereitet. Die subventions- und steuerpolitischen Maßnahmen kommen einem dabei vor, wie der Kampf Don Quichottes gegen die Windmühlen.
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