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7.2.2 Die natürliche Ressource Grund und Boden als Grenze des Wachstums

Nach dieser vorbereitenden Übung mit dem Wachstum einer Volkswirtschaft wollen wir uns einem besonders interessanten Problem der Volkswirtschaft zu wenden, nämlich den Grenzen des Wachstums und den Reaktionen der Wirtschaftssysteme darauf.

Eine typische Ressource, die das Wirtschaftswachstum regelmäßig begrenzt, ist der Grund und Boden, den ich deshalb bereits in meinem Demonstrationsmodell eingeführt habe. Durch die angenommene Anzahl von 100 Arbeitern und die angenommene verfügbare Fläche von 100.000 ha Land hat es in den bisherigen Beispielrechnungen noch keine Probleme in dieser Richtung gegeben.

Nehmen wir an, dass das Bevölkerungswachstum nicht wie im vorhergehenden Beispiel nach einiger Zeit wieder beendet wurde, sondern mit einer entsprechenden optimalen Wirtschaftsstruktur ständig weiter ging und inzwischen eine Bevölkerungszahl von 4000 erreicht wurde. Das ist der Anfangspunkt der Darstellungen in meinen folgenden Diagrammen. Das Bevölkerungswachstum mit dem Faktor fa und ein entsprechendes Wirtschaftswachstum mit einer für das Wachstum optimalen Struktur geht weiter und stößt im Bereich von ca. 6000 Arbeitern aufgrund der begrenzt verfügbaren Ware i3=6, dem Grund und Boden, auf eine Wachstumsgrenze. Dabei soll das Bestreben der Bevölkerung, sich mit dem Faktor fa=1,004 weiter zu vermehren, bestehen bleiben.

Schauen wir uns zunächst das Verhalten des Modells einer anderen Marktwirtschaft an. Bild 40 zeigt die Entwicklung der Bevölkerungszahlen a, die Zahlen ak der versorgten Arbeiter und die Zahlen aeg der beschäftigten Arbeiter. Es stellen sich zeitliche Schwankungen ein in Folge von Unterbeschäftigung, Unterversorgung und damit Bevölkerungsrückgang. Nach jedem Einbruch erfolgt offenbar wieder ein Versuch Bevölkerungswachstum und Wirtschaftswachstum zu realisieren. Diese Erscheinungen lassen die Vermutung zu, dass es sich hier um eine Abbildung zyklischer Krisen durch mein Modell handelt, wie wir sie aus dem realen Kapitalismus kennen.

Schauen wir uns noch an, wie sich das Modell einer Planwirtschaft in diesem Fall verhält. Bild 41 zeigt wieder die Entwicklung der Bevölkerungszahlen u.s.w. Auch mein Planwirtschaftsmodell hat Probleme mit der Stabilität. Hier entstehen Schwankungen mit einer Periode von drei Reproduktionszyklen.

An dieser Stelle soll nicht weiter in die Tiefe der Problematik eingedrungen werden und deshalb will ich mich in der Interpretation der Ursachen dieser Erscheinungen etwas zurückhalten. Ich will damit nur zeigen, dass in dieser Richtung noch ein erheblicher Forschungsbedarf besteht, und dass mit diesen Modellen oder weiteren Variationen dieser Modelle auch noch sehr gute Möglichkeiten zu erwarten sind, wirtschaftliche Krisenerscheinungen darzustellen und zu erklären.

Unabhängig von der weiteren Untersuchung des Verhaltens von Wirtschaftssystemen an natürlichen Grenzen, egal ob sie nun dauerhaft oder zeitweilig sind, ist klar, dass eine Gesellschaft, die sozial sein will, in dieser Situation das Streben der Bevölkerung nach Vermehrung durch sozialpolitische Maßnahmen begrenzen muss, weil sonst das Bevölkerungswachstum spontan durch Unterversorgung begrenzt wird, und das bedeutet für Teile der Bevölkerung Not und Elend und für die gesamt Gesellschaft politische Instabilität.

Es wurde versucht den Prozess der Selbstbeschränkung des Wachstums mit dem Modell einer anderen Marktwirtschaft einmal zu simulieren. In unserem Demonstrationsbeispiel ist nach 70 Reproduktionszyklen die Bevölkerungszahl von 5270 erreicht. Jetzt wird über den Zeitraum von 20 Zyklen der Faktor fa von 1,004 kontinuierlich auf 1,000 abgesenkt und dann konstant auf 1 gehalten. Bild 42 zeigt wieder die Entwicklung der Bevölkerungszahlen u.s.w. Trotz der kontinuierlichen Absenkung des Wachstumsfaktors fa gibt es aufgrund der notwendigen Strukturänderungen der Wirtschaft einen Bevölkerungsrückgang, der sonst noch wesentlich stärker wäre. Anschließend stellt sich unter der Grenze des Maximums der möglichen Bevölkerungszahl und der möglichen Expansion der Wirtschaft eine optimale nicht wachsende Wirtschaftsstruktur ein. Falls im Rahmen eines späteren technischen Fortschritts durch bodensparende Technologien oder durch Erschließung bisher nicht nutzbarer Ressourcen (natürlich umweltverträglich) ein weiteres Wachstum möglich wird, könnten dann durch andere sozialpolitische Maßnahmen das Bevölkerungswachstum wieder angeregt werden. Dieses Beispiel zeigt bereits deutlich, dass es wohl kein soziales Wirtschaftssystem geben kann, welches man sich selbst überlässt in der Hoffnung, es wird schon alles richten. Das zu behaupten wäre naive oder verlogene Ideologie.

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