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4.2 Lösungsverfahren zur Berechnung optimaler Strukturen der Produktivkräfte einer Volkswirtschaft

4.2.1 Der Simplexalgorithmus

Der Simplexalgorithmus hat sich als ein sehr leistungsfähiges Verfahren erwiesen zur Berechnung optimaler Zustände einer Volkswirtschaft, deren Produktivkräfte durch ein lineares Modell mit diskreten synchronen Reproduktionszyklen abgebildet werden. Das Verfahren wurde auf die Besonderheiten des Problems zugeschnitten. Es wurde ein Computerprogramm entwickelt zur Berechnung konkreter Beispiele.

Hier soll das Lösungsprinzip des Simplexalgorithmus nur kurz erläutert werden, um das Verständnis für die folgenden mathematischen Ableitungen zu erleichtern. Bei eingehender Beschäftigung mit dem hier dargestellten Lösungsverfahren sind allerdings umfangreichere Kenntnisse des Simplexalgorithmus erforderlich. Siehe dazu [1],[2].

In diesem Verfahren wird für einen Vektor von reellen Zahlen xj eine optimale Lösung gesucht. Es gibt eine Zielfunktion, die zu minimieren ist und die eine lineare Funktion der reellen Zahlen xj sein muss. Außerdem gibt es eine Anzahl von Nebenbedingungen (Restriktionen), die erfüllt sein müssen und die lineare Gleichungen der reellen Zahlen xj sein müssen.

Unser lineares Optimierungsproblem könnte z.B. folgende Form haben:

Gesucht ist der Vektor von 7 optimalen Zahlen xj . Es gibt 5 lineare Nebenbedingungen und eine lineare Zielfunktion z, die minimiert werden soll. Dann könnte das Hauptproblem der linearen Optimierung so aussehen:

Nebenbedingungen:

k1,1· x1+ k1,2· x2+ k1,3· x3+ k1,4· x4+ x5= r1
k2,1· x1+ k2,2· x2+ k2,3· x3+ k2,4· x4+ x6= r2
k3,1· x1+ k3,2· x2+ k3,3· x3+ k3,4· x4+ x7= r3
k4,1· x1+ k4,2· x2+ k4,3· x3+ k4,4· x4= r4
k5,1· x1+ k5,2· x2+ k5,3· x3+ k5,4· x4= r5

Zielfunktion:

z=

z1· x1+ z2· x2+ z3· x3+ z4· x4+ z5· x5+ z6· x6+ z7· x7= Minimum

Von den 5 Nebenbedingungen haben bereits 3 Gleichungen die kanonische Form, d.h. es gibt in jeder der 3 Gleichungen eine Variable xj ,die nur in diese Gleichung eingeht und zwar mit dem Koeffizienten 1 .

Das Lösungsverfahren erfolgt in zwei großen Schritten:

Weil das Problem nicht direkt gelöst werden kann, wird zunächst durch Einführung der Hilfsvariablen x8 und x9 und einer Hilfszielfunktion ein Hilfsproblem formuliert, welches dann die kanonische Form hat und gelöst werden kann.

Das Hilfsproblem lässt sich in folgender Form darstellen:

Nebenbedingungen:

k1,1· x1+ k1,2· x2+ k1,3· x3+ k1,4· x4+ x5= r1
k2,1· x1+ k2,2· x2+ k2,3· x3+ k2,4· x4+ x6= r2
k3,1· x1+ k3,2· x2+ k3,3· x3+ k3,4· x4+ x7= r3
k4,1· x1+ k4,2· x2+ k4,3· x3+ k4,4· x4(+x8)= r4
k5,1· x1+ k5,2· x2+ k5,3· x3+ k5,4· x4(+x9)= r5

Hilfszielfunktion:

c= x8 + x9= Minimum

Das Ergebnis dieser Lösung ist eine entsprechend den Nebenbedingungen zulässige aber noch nicht optimale Lösung.

Mit dieser zulässigen Lösung kann dann das Hauptproblem ebenfalls in kanonischer Form formuliert werden und eine optimale Lösung gefunden werden.

Für das Hilfsproblem gibt es immer eine Lösung. Für das Hauptproblem gibt es aber nur eine Lösung, wenn das Minimum der Hilfszielfunktion den Wert 0 erreicht. Das ist nämlich dann der Fall, wenn alle Hilfsvariablen Null geworden sind. Andernfalls gibt es für das Hauptproblem keinen zulässigen Lösungspunkt und damit auch kein Optimum.

Diese Zweistufigkeit des Verfahrens ist nicht nur von rein rechentechnischer Bedeutung. Sie lässt sich auch als Priorität verschiedener Optimalitätskriterien interpretieren. Als Hilfsvariable werden alle die Parameter eingestuft, die unbedingt auf Null gebracht werden sollen. Für alle anderen wird das Minimum der Zielfunktion gesucht. Wie später noch zu zeigen ist, lassen sich damit volkswirtschaftliche Zielstellungen verschärfen bzw. entschärfen und damit Möglichkeiten und Konsequenzen bei der Ableitung realistischer Entwicklungsziele abschätzen.

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