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7.3.2 Arbeitsmarkt
Die Arbeiter sind frei in der Wahl ihres Berufes und ihrer Arbeitsstelle, die sie sich auf einem freien Arbeitsmarkt suchen können.
- Entsprechend den Ergebnissen zur Modellierung eines Arbeitsmarktes [7] müßte eigentlich jeder in einem Beruf seiner Wahl Arbeit finden. Allerdings, mit der Konsequenz, daß er bei geringer Eignung nur einen geringen Leistungslohn bekommt. Eine weitere Konsequenz unter der alle Berufsgenossen leiden würden, ist die, daß bei einem Überangebot in einem Beruf alle verkürzt arbeiten müssen und der Lohn in diesem Beruf immer weiter sinkt, bis sich genügend entschlossen haben, den Beruf zu wechseln. Der Vorteil wäre aber, daß die Wahrscheinlichkeit der richtigen Berufswahl am größten wird.
- Um das Prinzip von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt im Interesse gerechter Lohnunterschiede und im Interesse eines Einsatzes der Arbeitskräfte entsprechend ihren Fähigkeiten zu realisieren, ist eine qualifizierte Berufsberatung zu organisieren. Das betrifft die genaue Beschreibung des Berufsbildes und der Verdienstmöglichkeiten, so daß der einzelne eine Chance hat, sich richtig zu entscheiden.
- Berufswechsel ist immer Aufwand durch Qualifizierung und Einarbeitung und außerdem mit einem Risiko der Fehleinschätzung der eigenen Fähigkeiten verbunden. Deshalb muß ein freiwilliger Wechsel aus Berufen mit Überangebot gefördert werden, da die anderen, die bleiben, keinen Aufwand haben und den Nutzen haben, daß durch Entlastung dieser Arbeitsmarktbranche die Arbeitszeitverkürzung abgebaut wird und der Lohnabtrieb gebremst wird und damit in doppelter Hinsicht Lohneinbußen verhindert werden.
Der gesamtgesellschaftliche Durchschnittslohn der vollbeschäftigten Arbeiter bleibt konstant.
- Diese Festlegung und die Tatsache, daß Arbeit die einzige Einkommensquelle ist, sehe ich als die Voraussetzung an, daß insgesamt relative Preisstabilität besteht.
- Das bedeutet auch, daß mit steigender gesamtgesellschaftlicher Produktivität die Warenpreise fallen.
Die Unternehmen zahlen für die geleistete Arbeit einen Leistungspreis, der nur von der bewerteten Arbeitsleistung abhängt.
- Diese Leistung ergibt sich aus dem aktuellen Stücklohn (oder dem durchschnittlichen Stundenlohn) für die jeweilige Berufsgruppe, und der dazu relativen Bewertung der individuellen Leistung.
- In den Berufen, wo die geleistete Arbeit nach objektiven Kriterien quantifizierbar ist, ist der Preis der individuellen Arbeit proportional zu der Quantität.
- Der Preis der Arbeit, den das Unternehmen zu zahlen hat, enthält grundsätzlich keine Bestandteile, die von sozialen Kriterien des Arbeiters abhängen. Soziale Bestandteile werden grundsätzlich über entsprechende Versicherungen oder aus Steuermitteln finanziert.
Der Leistungspreis wird nach einem gesetzlich festgelegten einheitlichen Prozentsatz aufgeteilt in einen Leistungslohn, der dem Arbeiter direkt zusteht und in einen Anteil, der in einen gesamtgesellschaftlichen sozialen Lohnfonds eingezahlt wird. Aus diesem Lohnfonds werden die leistungsunabhängigen Einkommen gezahlt. Das sind das soziale Existenzminimum, die Mindestlöhne, die Mindestrenten und das Kindergeld.
- Dieser Lohnfonds könnte auch zum Teil oder vollständig über eine "Wertschöpfungsabgabe" finanziert werden in der Weise, daß auf die im jeweiligen Produktionsbetrieb gebundenen Produktionsmittelwerte, analog dem ehemaligen Kapital, eine einheitliche Rendite veranschlagt wird, die sich als kalkulierbare Kosten im Preis wieder findet. Diese Rendite wird dann in den sozialen Lohnfonds abgeführt. Der volkswirtschaftliche Effekt wäre dann, daß Waren verteuert werden, die mit überdurchschnittlich hohen Produktionsmittelwerten produziert werden, so daß ein sparsamerer Umgang mit dem Produktionsmittelvolumen in den Produktionsbetrieben gefördert wird. Gleichzeitig würden die Leistungspreise (=Lohnkosten) verringert und der Anteil des Leistungslohns erhöht, der für den direkten persönliche Konsum zur Verfügung steht, gegenüber dem Anteil, der zunächst in den sozialen Lohnfonds abgeführt wird. Die Variation der Anteile der Finanzierung des sozialen Lohnfonds aus dem Leistungslohn und aus der Rendite der Produktionsmittelwerte könnte dann auch als wirtschaftspolitisches Steuerelement benutzt werden.
Es wird ein soziales Existenzminimum festgelegt in Abhängigkeit minimaler objektiver materieller Bedürfnisse und der Höhe der aktuellen Preise für diese Leistungen, welches unabhängig von jeder Gegenleistung jedem Mitglied der Gesellschaft gezahlt wird.
- Dieses Existenzminimum ist dem Ziel geschuldet, daß kein Mensch verhungern soll. Es leistet noch nicht die Voraussetzungen für ein "würdiges" Leben, so daß normaler Weise keiner mit diesem Lebensniveau zufrieden sein sollte.
- Es ist allerdings noch gründlich zu überlegen, ob neben dem Anspruch auf Mindestlohn der Anspruch auf ein Existenzminimum ohne jegliche Gegenleistung und ohne jegliche Bedürftigkeitskontrolle noch notwendig ist. Wenn ja, dann muß er ohne die bisher nach dem Sozialhilferecht üblichen diskriminierenden und datenschutzrechtlich bedenklichen Bedürftigkeitskontrollen erfolgen. Damit könnte dann auch viel bürokratischer Aufwand eingespart werden, der entsprechend bundesdeutscher Erfahrungen ohnehin meist nur verhindert, daß die wirklich Bedürftigen etwas bekommen.
- Dieses Existenzminimum kann unter besonderen Umständen auch in Sachleistungen ausgezahlt werden.
Als weitgehend leistungsunabhängige Einkommen werden ein Mindestlohn, eine Mindestrente und ein Kindergeld festgelegt in Abhängigkeit objektiver materieller und ideeller Bedürfnisse und der Höhe der aktuellen Preise für diese Leistungen.
- Diese Einkommen sollen eine sichere Existenz und ein Leben in Würde auf einem niedrigen Niveau sichern.
- Das Kindergeld wird grundsätzlich unabhängig jeglicher Leistung der Eltern gezahlt.
- Das Mindesteinkommen ist lediglich daran gebunden, daß der Bezieher des Einkommens im Rahmen seiner offensichtlichen physischen und geistigen Leistungsfähigkeit vollbeschäftigt arbeitet. So kann für einen behinderten Menschen auch eine verkürzte Arbeitszeit als Vollbeschäftigung gelten.
- Kann die Gesellschaft aus irgendwelchen Gründen keine geeignete Arbeit anbieten, ist trotzdem der Mindestlohn zu zahlen und zwar unbefristet, sofern der betroffene seine Arbeitskraft anbietet.
- Die Mindestrente wird gezahlt, sofern im vorausgehenden Berufsleben nach näher festzulegenden Kriterien Mindestanforderungen erfüllt wurden. Die Kriterien sollen möglichst unbürokratische und von jedem erfüllbar sein.
- Bei unfreiwilliger Teilbeschäftigung oder unfreiwilliger Arbeitslosigkeit wird ebenfalls mindestens der volle Mindestlohn gezahlt.
- In diesem Zusammenhang ist noch zu überlegen, in welchem Maß die Erziehung der Kinder bewertet wird, und wie die Übertragung von Lohnansprüchen und Rentenansprüchen erfolgt in Lebensgemeinschaften, in denen berufliche Arbeit, Kindererziehung und Hausarbeit unterschiedlich aufgeteilt sind.
- Voraussetzung für das Prinzip Mindestlohn plus Leistungslohn ist, daß das Wirtschaftssystem jedem eine Beschäftigung anbieten kann, da sonst der leistungsabhängige Lohnanteil zugunsten der sozialen Grundsicherung zu gering wird und die Leistungsmotivation durch Leistungslohn gefährdet ist. Nach meiner Meinung ist das prinzipiell möglich.
Der vom Leistungspreis verbleibende Anteil zur direkten Auszahlung an den Arbeiter ist der Leistungslohn. Der Leistungslohn wird geteilt nach gesetzlich festgelegten einheitlichen Prozentsätzen in einen Anteil, der sofort für den individuellen Konsum zur Verfügung steht, und einen Anteil, der als leistungsabhängiges Produktionsmitteleigentum über die Lebensarbeitszeit akkumuliert wird, mit Ausscheiden aus dem Berufsleben in einen Rentenanspruch umgewandelt wird und damit einen leistungsabhängigen Rentenanteil ergibt.
Die Unterschiede der berufsabhängigen Arbeitsleistungspreise zwischen den verschiedenen Berufsgruppen werden entsprechend gesamtgesellschaftlicher statistischer Auswertungen nach Angebot und Nachfrage ständig (z.B. jährlich) geregelt.
- Es soll grundsätzlich angestrebt werden Leistungen innerhalb einer Berufsgruppe nach objektiven Kriterien zu bewerten, wo das möglich ist. Es ist aber auch klar, daß in vielen Berufen das noch lange nicht, oder auch prinzipiell nicht ausreichend genau möglich ist. In diesen Fällen hat der Leiter und ein eventuell beigeordnetes sachkundiges Gremium einen subjektiven Bewertungsspielraum.
- Das Verfahren, die Differenzierung der Löhne zwischen den verschiedenen Berufsgruppen über statistische Auswertungen zu regeln, wirft die Frage auf, welche Rolle in Zukunft Gewerkschaften spielen, die in der bundesdeutschen Praxis auf die Aufgabe als Lohnverhandlungspartner reduziert wurden.
Insbesondere für Berufe mit überdurchschnittlichen Löhnen, z.B. für Geschäftsführer, werden zeitlich verzögerte Leistungslohnanteile eingeführt (Erfolgsprämien).
- Besonders problematisch ist die Leistungsbewertung der Wirtschaftsfunktionäre, da verhindert werden muß, daß durch Selbstbewertung und damit Überbewertung ein Abdriften dieser Löhne nach oben eintritt. Hier müssen einige wenige objektive Wirtschaftlichkeitskennzahlen der ihnen unterstehenden Wirtschaftseinheit einen Anteil am Leistungslohn bestimmen. Da die Zweckmäßigkeit ihrer Entscheidungen meist erst später zu erkennen sind und diese Personen in der Regel einen Lohn weit über dem Existenzminimum erhalten, erscheint es sinnvoll und zumutbar, einen Teil ihres Lohnes als Erfolgsprämie erst zu einem späteren Zeitpunkt auszuzahlen. Wie das im Einzelnen geschehen kann, dazu bedarf es noch einiger Ideen, Überlegungen und Experimente.
- Eine ähnliche Lohnform gibt es bereits in der Vergütungsordnung für Erfindungen der Arbeitnehmer.
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