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6 Präzisierung der Aufgabenstellung

Ausgehend von der vorangegangenen Analyse soll nun die Aufgabenstellung präzisiert werden:

Es soll ein Konzept für ein Wirtschaftssystem entwickelt werden, welches die materiell-technische Basis für eine Gesellschaftsordnung ist, die soziale Gleichheit und politische Freiheit nicht nur formal juristisch gewährt, sondern für jeden auch praktisch realisierbar macht.

Dieses Konzept muß auf die Erfahrungen der jetzt wieder vorherrschenden kapitalistischen Marktwirtschaft aufbauen, als auch auf die Erfahrungen des noch sehr unvollkommenen und inzwischen gescheiterten Staatssozialismus.

Dabei ist es nicht möglich, einfach die positiven Merkmale beider Systeme, wie aus einem Versandhauskatalog, auszuwählen. Es ist ein theoretisch fundiertes Gesamtkonzept erforderlich.

Es muß konkret sein, auch auf die Gefahr hin, Aussagen zu formulieren, die sich später als teilweise falsch erweisen. Konkrete Aussagen lassen sich wesentlich besser weiterdenken und auch besser kritisieren, so daß einige Annahmen im gesellschaftlichen Meinungsstreit bereits vor ihrer praktischen Anwendung korrigiert werden können.

Was ist nicht beabsichtigt ?

Ein gezähmter Kapitalismus ist nicht in der Lage die Probleme zu lösen und deshalb nicht anzustreben.

Es reicht aber auch nicht aus, einfach nur weiter auf der Abschaffung des Privateigentums zu bestehen. Marx und Engels sind nicht überholt. Es ist aber an der Zeit, mit den in mehr als 100 Jahren hinzugekommenen geschichtlichen Erfahrungen und etwas Kreativität einige Schritte weiter zugehen.

Es ist kein Idealsystem als Abschluß der gesellschaftlichen Entwicklung zu suchen. Statt dessen ist darauf zu achten, daß das Konzept bewußt Räume für weitere Entwicklung öffnet.

Was ist beabsichtigt ?

Es ist davon auszugehen, daß der einzelne Mensch nach wie vor das eigentliche, möglichst frei handelnde gesellschaftliche Subjekt sein soll.

Es sind Möglichkeiten der Einflußnahme jedes einzelnen auf wirtschaftliche Prozesse zu sichern und trotzdem eine straffe Leitung der gesellschaftlichen Produktion nicht unnötig zu behindern.

Die Freiheit des Einzelnen an konkreten Wirtschaftsentscheidungen teilzunehmen, soll auch das Mittragen des daraus resultierenden Risikos beinhalten. Die Konsequenzen müssen aber sozial so abgefedert sein, daß Fehlentscheidungen des einzelnen nicht zu dessen endgültiger Existenzvernichtung führen.

So ist die von Marx und Engels kritisierte Entfremdung der Menschen von ihren Produktionsmitteln im Rahmen der Möglichkeiten einer gesellschaftlichen Produktion wieder aufzuheben.

Es sollen sowohl marktwirtschaftliche Elemente als auch planwirtschaftliche Einflußmöglichkeiten vorhanden sein. Damit ist natürlich klar, daß Widersprüche auftreten werden. Aber es gibt sowieso keine widerspruchsfreies System, also ist es besser, sich von vornherein darauf einzurichten und zu versuchen, diese positiv zu nutzen, z.B. als Quelle zukünftiger Weiterentwicklungen.

Das Leistungsprinzip soll realisiert werden. Einkommen soll nur aus Arbeit und nicht aus Besitz resultieren.

Die Aufgaben des Staates sollen auf ein notwendiges Minimum beschränkt bleiben.

Das Wirtschaftssystem soll dauerhaft ökologisch sein. Es darf nicht sein, daß ökonomische Zwänge und spontan wirkende Wirtschaftmechanismen zu extensivem Verbrauch der natürlichen Ressourcen verleiten oder gar dazu zwingen.

Dabei wird es auch einige nicht endgültig lösbare Probleme geben:

In einer Gesellschaft muß es Institutionen geben. In Institutionen wird es Bürokratie geben. Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als auch in einer besseren Gesellschaft immer wieder am konkreten Fall daran zu arbeiten, die Bürokratie auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.

Die gesellschaftliche Umgebung formt den Menschen ("Das Sein bestimmt das Bewußtsein"). Diese Tatsache haben die 40 Jahre geteiltes Deutschland unwiderlegbar bewiesen. Trotzdem ist dieser Einfluß relativ gering und auch die beste Gesellschaft wird keine idealen Menschen hervorbringen. Wir werden es auch weiterhin mit unvollkommenen Menschen in allen Positionen der Gesellschaft zu tun haben. Darauf müssen wir uns weiterhin einstellen, und das müssen auch unsere gesellschaftlichen Strukturen aushalten, ohne zu versagen.

Es wird nie eine Gesellschaftsordnung oder ein Wirtschaftssystem geben, welches von selbst unsere Interessen und Bedürfnisse optimal befriedigt, selbst wenn wir dafür unsere eigene Handlungsfreiheit aufgeben würden. Solange wir die Freiheit haben, vernünftig zu handeln, haben wir auch die Freiheit Fehler zu machen.

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