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4.3 Selbstoptimierung der kapitalistischen Marktwirtschaft

Als wesentlicher Vorteil einer Marktwirtschaft gegenüber einer Planwirtschaft wird immer wieder herausgestellt, daß diese sich selbst optimiert. Die Protagonisten der kapitalistischen Marktwirtschaft halten das Prinzip der Regelung aller Warenpreise durch Angebot und Nachfrage für den entscheidenden Regelmechanismus, der ein optimales Preissystem und eine bedarfsgerechte Wirtschaftsstruktur erzeugen soll. Dabei wird anhand statischer Modelle untersucht, ob ein Gleichgewicht existiert, und wenn das der Fall ist, wird geschlußfolgert, daß dann der Marktmechanismus auch dahin tendieren muß. Daß dieses Gleichgewicht in der Praxis meist nicht so vorkommt, wird dadurch erklärt, daß das freie Spiel der Marktkräfte gestört wird.

Dazu habe ich eigene Untersuchungen angestellt, indem ich nach diesen klassischen Vorstellungen eine kapitalistischen Marktwirtschaft mit einem dynamischen Modell simuliert habe [6]. Das Ergebnis war ernüchternd. Das Modell verhielt sich immer instabil, so daß nicht einmal bei optimalen Anfangsbedingungen über einen längeren Zeitraum der optimale Zustand erhalten werden konnte. Der real existierende Kapitalismus scheint dabei trotz seiner Turbulenzen stabiler zu sein als das Modell, welches auf die übliche Lehrmeinung aufbaut. Diesem Problem bin ich nachgegangen, in dem ich das Modell modifiziert habe. Das Prinzip der Regelung der Preise nach Angebot und Nachfrage wurde aufgegeben. Statt dessen wurde angenommen, daß die Unternehmen ihre Verkaufspreise festlegen, indem sie ihre Kosten kalkulieren und anschließend einen üblichen (oder zentral vorgegebenen) Durchschnittsprofit darauf schlagen. Damit realisiert sich der Marktmechanismus nicht dadurch, daß Käufer und Verkäufer um den Preis feilschen, sondern der Verkäufer bietet seine Ware zu kalkulierten Kostenpreisen an und der Käufer entscheidet nur, ob er kauft. Damit ergab sich eine sehr gute Selbstoptimierung der Preise und eine wesentlich schwächere aber mögliche Optimierung der Wirtschaftsstrukturen. Die Praxis der kapitalistischen Marktwirtschaft liegt wahrscheinlich dazwischen. Ein wesentliches Indiz dafür, daß die Preise in der Praxis nicht konsequent nach Angebot und Nachfrage geregelt werden, ist die Existenz von sogenannten Leitzinsen und ihre Wirkung auf die Wirtschaft. Diese stellen, auch wenn aus anderen Gründen festgelegt, entsprechende Orientierungswerte für die einzelnen Unternehmen bei ihrer Preisgestaltung dar.

Schlußfolgerung: Marktmechanismen können selbstoptimierende Eigenschaften haben. Sie haben diese aber nicht grundsätzlich. Deshalb ist es erforderlich in einem modernen Wirtschaftssystem, z.B. einer sozialistischen Marktwirtschaft, nicht blind auf Marktmechanismen zu vertrauen, sondern sie nach eingehender Untersuchung ihrer Eigendynamik gezielt einzusetzen. Die Erkenntnis, daß Kalkulationspreise gegenüber Verhandlungspreisen wesentlich mehr Stabilität erzeugen, sollte als kreativer Ansatz weiter verfolgt werden. Das Prinzip der Regelung von Warenpreisen nach Angebot und Nachfrage ist zu verwerfen.

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