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4 Die Eigenbewegung der kapitalistischen Marktwirtschaft

Marx und Engels haben sich ausführlich mit der Eigenbewegung des Kapitalismus befaßt, ihn als historische Entwicklungsstufe der Gesellschaft gewürdigt und nachgewiesen, daß er prinzipiell nicht in der Lage ist, die Volkswirtschaft auf einem vernünftigen Entwicklungspfad zu bewegen. Diese Erkenntnisse halte ich heute noch für weitgehend zutreffend und ich habe nicht die Absicht diese durch wesentlich bessere zu ersetzen. Nachfolgend soll die Eigenbewegung das Kapitalismus kurz noch einmal dargestellt und durch einige jüngere Erfahrungen ergänzt werden, um damit die Ableitung einer alternativen Marktwirtschaft vorzubereiten.

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4.1 Profit und Wirtschaftswachstum

Im Kapitalismus besteht durch das vorherrschende Privateigentum an den Produktionsmitteln eine Trennung zwischen denjenigen die bestimmen, was produziert wird, und denjenigen, die produzieren.

Für die Eigentümer an den Produktionsmitteln, die ihr Einkommen aus der Tatsache des Eigentums von Geld oder Gütern beziehen, macht eine Beteiligung an der gesellschaftlichen Produktion durch Investition ihres Eigentums in die gesellschaftliche Produktion nur Sinn, wenn dabei ein Profit herausspringt, der anschließend wieder investiert werden kann, um daraus weiteren Profit zu erlangen.

Nehmen wir also noch einmal unser simples Zahlenbeispiel her. Für den Kapitalisten ist von den möglichen proportionalen Entwicklungspfaden der Grenzpfad gemäß Fall 2 am interessantesten. Hier könnte er in unserem Beispiel wenigstens noch eine Profitrate von z.B. 6% realisieren. Voraussetzung dafür, daß dieser Entwicklungspfad möglich ist, ist allerdings, daß noch ausreichend ungenutzte natürliche Ressourcen zur Verfügung stehen. Auf unserer begrenzten Erde kann das nur zeitweilig bzw. regional der Fall sein. Heute sind wir bereits an die Grenze der Belastbarkeit der Natur angekommen, falls wir diese nicht bereits überschritten haben.

Abgesehen davon gibt es einen nicht proportionalen Entwicklungspfad, der ihm noch lieber wäre. Bezogen auf unser Zahlenbeispiel würden die Anfangsparameter wie gehabt aussehen:

Ln=10.000 DM/Jahr-Notwendiger Mindestlohn
B=50.000 DM-Notwendiger Konsumgüterbstand eines Arbeiters
K=200.000 DM-Mittlerer Wert eines Arbeitsplatzes
W=25.000 DM/Jahr-Wert der mittleren Jahresnettoproduktion eines Arbeiters
M=W-LN=15.000 DM/Jahr-Mehrwert

Fall 3: Es wird auf zusätzlichen Konsum verzichtet, d.h. der Lohnanteil Lz für zusätzlichen Konsum ist Lz=0; und es wird auch der Lohnanteil D B, der ein Bevölkerungswachstum ermöglicht, gestrichen mit D B =0. Das Einkommen der Arbeiter wird also auf des Existenzminimum herunter gedrückt. Damit wäre dann eine Profitrate von Rk=7,5%/Jahr möglich mit

DK = Rk * K = 0,075/Jahr * 200.000 DM (= M = 15.000 DM/Jahr)

Damit würde das Kapitalvolumen pro Jahr um 7,5% anwachsen und

nach1 Jahren215.000 DMbetragen

optimistisch weiter gerechnet würde es dann

nach10 Jahren412.000 DMbetragen und
nach50 Jahren7.438.000 DMbetragen.

Damit würden sich nach 50 Jahren die Proportionen der Werte der Wirtschaftsstruktur grundsätzlich verschieben

Ln=10.000DM/Jahr
B=50.000DM
K=7.438.000DM ( auf das 37-fache)

25.000 DM/Jahr < W < 559.000 DM/Jahr (=37* 25.000 DM/Jahr)

15.000 DM/Jahr < M < 558.000 DM/Jahr

Dieser Wachstumspfad ist mit einer ständigen Strukturänderung verbunden zugunsten laufender Erweiterung der Investitionsgüterproduktion.

Die Frage ist nun, wie sich bei dieser nicht proportionalen ständigen Erhöhung des Kapitalvolumens die Produktivität und damit die Wertschöpfung und der Mehrwert entwickeln. Wenn man extrem optimistisch ist, würde das Volumen der Wertschöpfung nur vom Volumen des Kapitals abhängen und mit diesem proportional wachsen. Wenn man extrem pessimistisch ist, würde die Wertschöpfung nur von den Arbeitskräften abhängen also konstant bleiben. Ein realistischer Wert liegt dazwischen, wir nehmen einmal an, das Wachstum der Wertschöpfung ist bei gleichbleibender Arbeitszeit noch halb so groß wie das Wachstum der Kapitalvolumens. Damit ergeben sich nach 50 Jahren folgende Profitraten DK

extrem pessimistischmittelmäßigextrem optimistisch
DK=0,2 % /Jahr2,0% /Jahr7,5% /Jahr

Die Höhe der Profitrate kann also nur im extrem optimistischen aber unrealistischen Fall gleich bleiben. Realistischer Weise muß sie aber grundsätzlich fallen. Das ist eine andere Darstellung des Marx’schen Gesetz vom Fall der Profitrate [2] und zeigt noch einmal, wie sinnlos der Entwicklungspfad der Gewinnmaximierung für die Entwicklung der Volkswirtschaft ist, abgesehen von den daraus resultierenden ökologischen Folgen.

Damit sind wir wieder bei dem Grundwiderspruch des Kapitalismus angelangt, nämlich daß der Kapitalist aufgrund des Privateigentums an den Produktionsmitteln auf den Profit angewiesen ist und damit das Wirtschaftssystem immer wieder aus dem Gleichgewicht bringt, falls es sich jemals im Gleichgewicht befand und damit zwangsläufig Instabilitäten und Krisen erzeugt, deren Erscheinungsbilder wir hinreichend kennen.

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