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1 Vorbemerkung

Der "real existierende" Sozialismus ist als Staatsform in den meisten Länder des ehemaligen sozialistischen Lagers aufgrund von Fehlentwicklungen zusammengebrochen und mit ihm bei vielen Menschen die Hoffnung, daß Sozialismus eine realisierbare Alternative zum Kapitalismus ist. Anderseits zeigt sich im täglichen Leben, daß der Kapitalismus keines seiner Probleme gelöst hat, und daß sie sich durch den Wegfall des Konkurrenten Sozialismus eher wieder verschärfen.

Die Aktivitäten der Linken beschränken sich heute im wesentlichen darauf, durch politischen Widerstand den ungebremsten Lauf des Kapitalismus zurück zu einem Manchester-Kapitalismus aufzuhalten. Das ist eine wichtige aktuelle Aufgabe. Einige scheinen sich mit der Aufgabe bereits abzufinden. Die meisten dürften damit aber unzufrieden sein, weil sie stets auf die prinzipiellen Unzulänglichkeiten des Kapitalismus stoßen, aber z.Z. keine greifbare Alternative zu erkennen ist.

Seit Jahren beschäftige ich mich theoretisch mit der Suche nach einer sozialistischen Alternative zur kapitalistischen Marktwirtschaft. Vor ca. 3 Jahren habe ich die Ergebnisse in einem Manuskript "Marktwirtschaft" [8] dargelegt. Es diente im wesentlichen der Selbstverständigung und sollte gleichzeitig als Grundlage zur Diskussion mit anderen, an dieser Materie interessierten, dienen. Dabei war mir klar, daß die Art der Darstellung noch nicht dazu geeignet ist, einen breiten Kreis von Lesern anzusprechen, weshalb ich mich bisher auch nicht um die Veröffentlichung dieses Manuskripts bemüht habe, sondern nur einige Kopien an Interessierte in Umlauf gebracht habe.

Bei diesen Untersuchungen hat die Beschäftigung mit mathematischen Modellen die meiste Zeit in Anspruch genommen. Deshalb nimmt die Darstellung dieser Modelle und ihre Anwendung in meinem Manuskript "Marktwirtschaft" den größten Raum ein. Dagegen wurde das erklärte Ziel meiner Untersuchungen, nämlich das Konzept einer sozialistischen Marktwirtschaft, nur am Ende thesenhaft dargestellt und nicht ausführlich begründet.

Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, daß diese mathematische Darstellungsweise die meisten abschreckt, weiter zu lesen. Deshalb sollen jetzt meine Vorstellungen von einer sozialistischen Marktwirtschaft ohne mathematische Mittel dargestellt, dafür aber ausführlicher begründet werden. Soweit meine Schlußfolgerungen auf Erkenntnissen der mathematischen Modelle beruhen, werde ich sie hier nur benennen und auf die entsprechenden Stellen im Manuskript "Marktwirtschaft" verweisen. Wer diese nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern auch kritisch überprüfen will, muß sich dann allerdings der Mühe unterziehen und in den mathematischen Abhandlungen nachlesen.

Meine Darlegungen befassen sich vorrangig mit Fragen des Wirtschaftssystems, welches die materielle Grundlage für die Existenz einer Gesellschaft bildet. Fragen des zugehörigen Überbaus werden nur in soweit behandelt, wie sie für die Begründung und Erläuterung der Problematik notwendig sind.

Sicher ist das Wirtschaftssystem einer Gesellschaft nicht allein dafür verantwortlich, ob in dieser soziale Gleichheit1) und politische Freiheit herrschen. Es ist aber eine notwendige Voraussetzung dafür, diese zu ermöglichen. Die heute vorherrschende kapitalistische Marktwirtschaft in den führenden Industrieländern ist ein Beleg dafür. Hier zeigt sich, daß demokratische Grundrechte in der Verfassung für einen großen Teil der Bevölkerung nicht zu tatsächlicher politischer Freiheit und sozialer Gleichheit führen, wenn sie durch das Wirtschaftssystem in ökonomischer Abhängigkeit gehalten werden und so weder mit ihrer juristischen Freiheit viel anfangen, noch ihre soziale Gleichheit durchsetzen können. In diesem Sinne sehe ich meinen Beitrag als einen Schritt zur Beantwortung der Frage:

Unter welchen Bedingungen sind soziale Gleichheit und politische Freiheit vereinbar?

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