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9.6 Fluktuationshemmnisse

Jeder Wechsel der Arbeitsstelle bedeutet zusätzlichen Aufwand, sowohl für den Arbeiter als auch für das Unternehmen. Das trifft ganz besonders zu, wenn damit auch der Beruf gewechselt wird. Aufwendungen sind die Suche nach einer neuen Arbeit, Einarbeitung in die neue Tätigkeit bzw. Umschulung in einen neuen Beruf, arbeitsbedingter Wohnortwechsel, doppelte Haushaltführung bei mindestens zeitweilig verschiedenen Arbeitsorten der Familienmitglieder.

Diese Aufwendungen stellen natürlich Fluktuationshemmnisse dar, die durch die betroffenen überwunden werden müssen. Deshalb muß auch ein ausreichender Anreiz in Form eines merklich höheren Einkommens durch die Fluktuation vorhanden sein.

In meinem Modell sind diese Fluktuationshemmnisse noch nicht umfassend berücksichtigt, und es sind hier noch weitere Qualifizierungen des Modells möglich. Teilweise wurden sie aber bereits berücksichtigt, indem angenommen wird, daß immer nur ein Anteil der Arbeiter die Arbeitsstelle wechselt, die sich verbessern könnten. Das wird berücksichtigt durch den empirisch eingeführten Faktor r1, der Fluktuationsrate.

Variationen der Fluktuationsrate r1 haben auch gezeigt, daß die Fluktuationshemmnisse nicht nur negative Wirkung haben, indem sie die Selbstoptimierung des Arbeitsmarktes hemmen. Sie sind auch ein notwendiges, nämlich ein System stabilisierendes Element des Arbeitsmarktes. Wenn z.B. die Fluktuationsrate den Wert 1 annehmen würde, d.h. jeder Arbeiter, der sein Einkommen verbessern kann, würde sofort wechseln, würden bei geringsten Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt sofort massenhaft Fluktuationen einsetzen. Das würde zu einem instabilen System führen.

Bei einer zukünftigen besseren Berücksichtigung der Fluktuationshemmnisse im Modell sind zwei prinzipiell verschieden wirkende Hemmnisse zu unterscheiden. Das sind erstens solche, die eine Hemmschwelle darstellen. Hier passiert zunächst bei kleinem Fluktuationsgrund noch nichts. Erst wenn der Vorteil einer Fluktuation einen Schwellwert überschritten hat, dann entschließt sich der betroffene zum Wechsel. Zweitens sind das solche Hemmnisse, wo auch bei kleinsten Fluktuationsgründen noch Fluktuationen stattfinden, aber die Häufigkeit der Fluktuationen wächst bzw. die Dauer bis zur Fluktuationsentscheidung sinkt mit steigendem Vorteil, den eine Fluktuation bringt. Die im Modell eingeführte Fluktuationsrate r1 berücksichtigt Fluktuationshemmnisse der zweiten hier genannten Art teilweise. Fluktuationshemmnisse der zuerst genannten Art sind in meinem Modell bisher noch nicht berücksichtigt.

Der Vollständigkeit halber sei hier noch erwähnt, daß es auch fluktuationsfördernde Erscheinungen gibt. Durch einen Arbeitsstellenwechsel oder auch Berufswechsel erwirbt man neue Fähigkeiten und Fertigkeiten und erhöht damit den Wert seiner Arbeitskraft. Ein gelegentlicher Wechsel führt auch aus einem eintönigen Arbeitsalltag und kann damit einen Motivationsschub und mehr Freude an der Arbeit bewirken. Durch verschiedene Tätigkeiten lernt man seine Fähigkeiten besser kennen und erlangt dadurch Gewißheit, ob man seine Berufswahl richtig getroffen hat, oder evtl. noch einmal wechseln sollte. Ob und wie diese Erscheinungen in zukünftigen Modellen berücksichtigt werden können oder auch müssen, will ich hier offen lassen.

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